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Mainzer Allgemeine Zeitung Ununterbrochenes Vergnügen (10.2.07) rwh. ALZEY – Der Herr mit dem Schnauzer stellt sich den Gästen von Café & Bar Berlin als Sachverständiger für Reproduktionsfragen bedrohter Völker vor und zeichnet ein Horrorszenario von Deutschlands Zukunft: Mehr Schaukelstühle als Schaukelpferde, nur noch Volksmusik in MTV, wenn sich noch mehr Leute für den Ferrari an Stelle des Kindes entscheiden und die vorhandenen Akademikerinnen nicht mehr ausreichen, um eine Grundschulklasse von künftigen Akademikerinnen zu reproduzieren. Nachdem er den Schnurbart abgelegt hat, sieht Robert Griess dem Kölner Kabarettisten vom Plakat schon ähnlicher. Er bleibt nun durchgängig Griess, Teil eines väterlichen Dreigestirns, das zwischendurch eigene und fremde Kinder erziehend, vom Sandkastenrand aus unter dem Motto „Geht’s noch?“ das politische Geschehen der Republik kommentiert. Seine Alter Egos sind Stapper, der bierbäuchige Kölner Arbeitslose, der die feste Absicht hegt, sich bis zu seinem 67. Geburtstag „doof zu saufen“ und der intellektuelle PR-Mann Schober in Denkerpose, der mit ätzenden Formulierungen Salz in die Wunden des Zeitgeschehens streut. Ehe sich die „Väter“ aus der Erkenntnis heraus, dass etwas getan werden muss, nach zwei Stunden auf den Heimweg machen um einen 14-tägigen Revolutionsstammtisch ins Leben zu rufen, haben sie alle Themen durch, die jedem Stammtischpolitiker geläufig sind. Stapper hat zu vielen herrliche Lösungen à la „Kein Problem – kriegen wir schon hin“ und Schober Kalauer und intellektuell verschnörkelte Unverschämtheiten parat. („Dass ein Unternehmensberater Unternehmen berät, glaubt nur, wer meint, Zitronenfalter könnten Zitronen falten.“) Unvermeidlich die neuesten Erkenntnisse über das Wesen der Frauen und die neuesten Witze aus allen Schubladen. Dann wieder schlüpft Griess in die Rolle eines Motivationstrainers für Langzeitarbeitlose, der einem endlich mal Hierarchie und Funktionsweise der globalen Arbeitslosigkeit von Deutschland über Polen bis Absurdistan erklärt und vorrechnet. Oder er personalisiert die Gesundheitsmisere mit Hilfe eines vollgekoksten Assistenzarztes, der nach 72 Stunden Dienst seinem Kunstfehler im Omnibus begegnet. Nach vorheriger Warnung gibt’s eine geballte Ladung Religionskritisches sowie Vorschläge für Wege aus der Islamistenproblematik: Augenbinden für Männer statt Kopftücher für Frauen oder das Bombardement des Iraks mit Playboy-Heften und „Kleinen Feiglingen“. Das Publikum hatte sein ununterbrochenes Vergnügen an den gut gesetzten Gags und der abwechslungsreichen Darbietung, ging mit und quittierte den rasanten Vortrag mit lautem Lachen, was wiederum die Reaktionsstärke des Kabarettisten auf den Plan rief. Noch weitere Gäste dieses Kalibers und das „Café Berlin“ wird sein Kleinkunst-„Wohnzimmer“ wohl vergrößern müssen. |
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