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Aachener Zeitung, 24.10.2006

Spitze Pfeile im Ozean aus Armut und Demenz

Als Kabarettist schlüpft Robert Griess in viele Rollen. Bei der "Fleisch gewordenen Folklore" aus Köln können Zuschauer noch eine ganze Menge lernen. Schließlich bekommen fast alle ihr Fett weg.

Was ist ein Mann, der mit einem Kind auf den Spielplatz kommt? In den Augen der anwesenden Mütter gibt es nur drei Möglichkeiten: Arbeitslos, Lüstling auf Baggertour oder der schwule Bruder der Mutter. Weiß Kabarettist Robert Griess.
A porpos Kinder: Davon gibt es zuwenig. Jedenfalls in Deutschland. Die Reproduktionsrate hierzulande liegt auf Platz 190 von 191 Ländern, "nur noch vor dem Vatikan, und der ist entschuldigt." So gibt Griess zu Beginn im gut gefüllten Saal den Krisenbeauftragten der Bundesregierung für Reproduktionsfragen. Und ruft die Aktion "Du wirst Deutschland - ein Baby für Merkel" aus.
Vermehrung müsse sein, sonst sähe es in Deutschland bald so aus wie in Mecklenburg-Vorpommern: "Ein Ozean aus Armut und Demenz". Da bekomme der Begriff "No-Go-Area eine ganz neue Bedeutung. Und auf MTV laufe nur noch Volksmusik. Griess hat einige sehr spitze Pfeile im Köcher.
Rollenspiele haben es ihm angetan.Mal stöhnt er als überarbeiteter Assistenzarzt: "Wenn es die Probepackungen der Pharma-Referenten nicht gäbe, wüßte ich schon gar nicht mehr, wie ich die Miete bezahlen sollte." Mal spießt er als Motivationstrainer der Arbeitsagentur die Absurditäten des deutschen Schwarzarbeitsmarktes auf. "Für die 40 €, die der deutsche Schwarzarbeiter allein schon für die Anfahrt nimmt, macht Ihnen ein Pole das ganze Badezimmer - und zwei Zahnkronen!"
Gern führt Griess Selbstgepräche zu dritt, schlüpft in die Rollen des Intellektuellen Dr. Schober und des Kölner Asi-Adeligen Stapper. Letzterer, nach eigenem Bekunden "Fleisch gewordene Folklore", hat sich zwischen Hartz IV und FC Köln prächtig eingerichtet. Leicht sei das Leben im Klischee zwar nicht: "Meinen Sie, den janzen Tag Kölsch trinken macht Spaß? Dafür will ich ein Gehalt von der Stadt Kölle!" Nötig hätte er es aber nicht, verdient er doch gut daran, seine Haarschuppen an die Casting-Praktikanten von RTL als Kokain zu verticken.
Da schlägt sich das Publikum vor Vergnügen auf die Schenkel. Nicht, daß die Zuschauer nicht auch Neues lernen würden. Etwa, daß die Kriege im Nahen Osten eine Art Beschaffungskriminalität von Öl-Junkies sind. Und Studiengebühren nur den Zweck haben, "dumme Kinder von Reichen vor Konkurrenz zu schützen."
Am Ende haben sie alle ihr Fett weg: Politiker, TV-Talker, Feng-Shui-Mütter. Für Köln-Fan Stapper bleibt die erschütternde Erkenntnis, 30 Jahre lang Currywurst aus der Fleischfabrik des Erzfeindes Uli Hoeneß gegessen zu haben. Weinend bricht er zusammen: "Jetzt weiß sich auch, warum der sisch den Podolski leisten konnte." Doch auch dieses Problem hat seine Lösung. Für jede Bayern-Wurst stiftet Stapper eine Kerze im Kölner Dom("Natürlisch von ner Palette Ikea-Teelischter, die schmuggel isch da rein"). Und Hoeneß? Der kommt nach Guantanamo.
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